︎       ︎ 

Lin Yunhan




VOLTANORD BF 5

Neubau Wohnüberbauung Basel-Stadt, 2021


Beitrag zum offenen Projektwettbewerb


in Zusammenarbeit mit

Oscar Jobin & Chao Wu


POPEYE


Städtebauliches Konzept

Der Projektvorschlag sieht einen Stadtbaustein vor, der einerseits starke typologische Autonomie bewährt, sich gleichzeitig aber in den vorgegebenen städtebaulichen Kontext einfügt. Die primäre städtebauliche Aufgabe wird darin gesehen, die erwartete Quartiersverbindung durch präzise Setzungen der Freiräume zu stärken. Mit dieser Zielsetzung lehnt der Projektvorschlag einen geschlossenen Blockrandtyp (wie im VoltaNord üblich) bewusst ab und sucht stattdessen nach einer Maximierung der auf der Quartiersebene wirksamen Freiräumen, die den Lysbüchelplatz ergänzen.

Dieser städebauliche Ansatz wird durch einen Doppelkammtypen verankert, dessen fünf Hauseinheiten und fünf Freiräume unterschiedliche Charakter entstehen lassen. An den südlichen Aussenecken entstehen zwei städtische Vorplätze, welche die Weinlagerstrasse an beiden Enden räumlich erweitern und somit die gedachte Quartiersquererschliessung stärken. Der östliche Vorplatz markiert den Quartierszugang von der Elsässerstrasse aus. Durch den westlichen Vorplatz, der auf den Lysbüchelplatz einmündet, wird das neue Weinlagergebäude, sowie die westlich des Weinlagergebäudes liegende Strasse, mit in die öffentliche Wahrnehmung einbezogen. Es ist zu erwarten, dass die städtebauliche Struktur der südöstlichen Quartiersecke sich ebenfalls in voraussehbarer Zukunft erneuern wird. Der Rücksprung des westlichen Vorplatzes schafft hierfür einen plausiblen städtebaulichen Bezug.

Mit diesen Massnahmen wird die öffentliche Quartiersverbindung weitesgehend im Süden entlang der Weinlagerstrasse mit entsprechenden gewerblichen Nutzungen hergestellt. Die angedachte Verbindung im Norden zwischen Baufeld 5 und der Schule wird als zweitrangige Fussgängerverbindung eingestuft. Diese Klassizifierung der Querverbindungen und die daraus folgende Betonung der südlichen Querachse ermöglicht eine Beruhigung der genannten Nordverbindung und somit des Pausenhofs der Schuleinrichtungen. Als Folge dieser städtebaulichen Abwägung zeigt sich das Gebäude mit offenen Aussenecke nach Süden und rückt mit den nordseitigen Gebäudeköpfen nahe an die Abstandslinien, versucht jedoch mit offener Eckgestaltung einen sanften Übergang zwischen Wohnhöfen und Pausenhof zu schaffen.

Die Kubatur hält somit an den Vorgaben der städtebaulichen Leitfaden fest, verlässt aber teilweise die vorgesehene Baulinien, um die Erschliessungs- sowie Aufenthaltsqualität der öffentlichen Freiräumen zu stärken.

Das Doppelkamm-Gebäude besteht aus drei neungeschossigen Häusern sowie zwei sechsgeschossigen Häusern. Diese verzahnte Höhenentwicklung ist einerseits eine direkte Übersetzung der Abstands- und Belichtungsregelung, andererseits aber auch eine Reaktion auf umliegende Bestandsgebäude. Die dadurch entstandene, zweigliedrige Westfassade, nimmt die Fassadenhöhe nördlich der Schule und südlich des Weinlagers auf. Gesucht wird stets nach einer Balancierung zwischen der Autonomie des Gebäudes und der Vermittlung der Umgebung. Mit einer Wiederholung der nord- und südseitigen Köpfen wird versucht den Baukörper trotz sorgfältigem Umgang mit der Umgebung dennoch als typologiestarker Stadtbaustein selbstbewusst zu positionieren.

Erdgeschossnutzung & Freiraumkonzeption

Eine rue intérieur bildet die zentrale Erschliessungsstraße im Erdgeschoss, von der aus alle Häuser erschlossen werden. Dadurch werden sowohl die Hausinterne- als auch die öffentliche Quartierserschliessung jeweils eindeutig kanalisiert. Dies resultiert in zwei klar adressierten Eingängen mit grosszügigen Foyers im Osten und im Westen, welche über einen

Arkadengang auf dem vorgesehenem Vorplatz münden. Dies wirkt einer Fragmentierung der Freiräume durch Einzelhauseingängen entgegen und verleiht dem Gebäude einen kollektiven Charakter. An der rue intérieur werden der Gemeinschaft dienenden Nutzungen unterbracht - in den nordseitigen Innenecken die Waschküchen, an dem zentralen Südhof die flexibel zusammenlegbaren Gemeinschaftsräumen, sowie weiteren Kinderwagenräumen entlang des Korridors. Der verzahnte Kammtyp ermöglicht einen wechselseitigen Bezug der rue intérieur zu den Höfen. Mit den in den nördlichen Höfen und im zentralen Südhof vorgesehenen Kinderspielplätzen entwickelt sich die rue intérieur zum Bindeglied der Spielhöfe - eine interne Spielstrasse. Zudem werden im Inneren des Erdgeschosses Wohnateliers angeboten, die von variierenden Raumhöhen sowie direktem Hofbezug profitieren.

Neben den zentralen Haupthauseingängen bietet das Erdgeschoss um die beiden städtischen Vorplätze herum flexibel unterteilbare Flächen für zahlreiche gewerbliche Nutzungen und trägt dadurch zur Quartiersbelebung bei. Die Vorplätze können ausserdem für die Aussenbestuhlung der Gastronomie mit genutzt werden. Um diesen städtischen Charakter landschaftlich umzusetzen, wird eine Kombination aus Trottoirbelag und Wassergebundener Decke gewählt. Diese wird unterstützt durch einheitliche Baumgestaltung mit hochstammigen, raumbildenen Baumart wie Ulmus „Rebona“.

Der mittlere Südhof widmet sich der Hausgemeinschaft. Gemeinschaftsküche mit Grillplatz bieten hier einen Bezug zwischen Innen und Aussen. Zusätzlich werden Veloräume im EG sowie Velokeller von hier aus erschlossen. Es werden gemischte Baumarten mit Ulmus „Rebona“ und Amelanchier lamarckii vorgesehen.
Der Pausenhof der Schule und Kindergarten wird gen Osten erweitert. Im Anschluss an den Pausenplatz werden weitere Spielmöglichkeiten in den zwei nördlichen Höfen vorgesehen. Hier wird eine Mischung aus Großbäumen und Sträuchern vorgesehen. Der nördliche Fussgängerweg dient gleichzeitig als Feuerwehrdurchfahrt.

Gebäude- und Wohntypologien

Die gesamte Wohnanlage ist über fünf Treppenhäuser erschlossen. Mit einer durchschnittlichen GF von ca. 450m2 pro Haus/Ebene wird ein effizientes Erschliessungssystem mit einem möglichst kompakten Baukörper erzielt. Dieses Ziel spiegelt sich in den Sechs- bzw. Siebenspännertypen der neungeschossigen Regelhäuser wider.
Um mit den knappen Bodenresourcen sinnvoll umzugehen wird eine Maximierung der anrechenbaren Geschossfläche angestrebt. Durch die effiziente Erschliessung sowie die Kompaktheit des Baukörpers liegt das vorgeschlagene Gebäude mit einer HNF Wohnen von 11.770 m2 sowie einer Gesamt-HNF von 12.950 m2 deutlich über den Zielkorridor.

Insgesamt werden 144 Regelwohnungen mit 15 zusätzlichen Schaltwohnungen hergestellt.
Ein breites Spektrum an 1,5 bis 6,5 Zimmer Wohnungen ist angeboten. Zusätzliche Schaltzimmer (drei pro Regelebene), die sowohl vom Treppenhaus neutral als Gastzimmer anschließbar, als auch mit der angrenzenden 1,5 bzw. 3,5 Zimmer Wohnungen intern zusammenschaltbar sind, erhöht erheblich die Flexibilität und das Nutzungspotenzial des Wohnungsmixes.

Nahezu alle Wohnungen verfügen über Wohnbereiche mit mehreren Ausrichtungen. Diese werden entweder als Wohnbereiche an den Aussenecke also an den „Extremitäten“ des Baukörpers positioniert, oder als durchgesteckter Wohnraum entlang des „Rückgrats“ des Gebäudes formuliert. Das Durchstecken der Wohnungen im „Rückgrat“ gibt zugleich eine Antwort auf die schwierige Problematik des Gewerbelärms. Ein weiteres, gemeinsames Motiv bilden die eingeschobenen Loggien, welche Bezüge zwischen zwei bzw. drei Innenräumen herstellen und sich so in vielen Fällen als wohnraumerweiterndes „Aussenzimmer“ darstellen.

Das Haus an der Elsässerstrasse verlässt die Orthogonalität und folgt der Strassenflucht. Es wird hier bewusst auf eine Sondertypologie wie dem Laubengang verzichtet, stattdessen folgt auch dieses Haus einer ähnlichen Formsprache wie

auch die übrigen Häuser, was den Zusammenhalt der Anlage bewahrt. Die Problematik des Strassenlärms wird durch das bereits angewendete Loggiamotiv umgangen, womit die strassenseitigen Individualräume über verglaste Loggien kontrolliert belüftet werden können. Bei lärmabgewandten Wohnzonen bietet diese Grundrisslösung eine hohe Wohnqualität ohne einen Einschnitt in der Ausnutzung.


Konstruktion, Statik und Haustechnik

Das bestreben liegt in einer einfachen Konstruktion. Die Wohngeschosse sind, sich wiederholend, übereinander gestapelt und ermöglichen eine durchgehende Tragstruktur. Das konstante Achsmass der tragenden Wände, sowie eine regelmäßige Spannweite unter 4,50m, ermöglicht ein Tragsystem mit Primär-, Sekundär-, und Tertiärelementen. Somit wird eine Holztafelbaukonstruktion bzw. Holz-Beton Mischbaukonstruktion in Wohngeschossen strukturell in Aussicht gestellt. Durch die Wiederholung des Achsmasses wird ein einfacher Vorfertigungsprozess der Bauteile begünstigt. Es wird ein hoher Einsatz an Holzbauelementen angestrebt. Das Projekt sieht vor, das Verhältnis zwischen Holz- und Stahlbetonbauteilen im Verlauf des Projekts in enger Abstimmung mit Tragwerk und Brandschutz sowie mit Blick auf die Baukosten genauer definieren.

Um die maximale Flexibilität der Gewerbeeinheiten zu ermöglichen, wird im Erdgeschoss eine Stahlbeton Tragstruktur vorgesehen.
Das Untergeschoss befindet sich unter dem Fussabdruck des oberirdischen Gebäudes und stellt neben den Zugängen zu Veloräumen keine zusätzliche Versiegelung dar.

Konzeptionell werden die Nassräume (Bad, Dusche und Küche) gebündelt und in den Etagen gestapelt. Die Anzahl der Steigzonen ist dadurch minimiert. Die Nassräume und Küchen befinden sich gebündelt in der Treppenhausnähe. Somit ist sowohl ein zentrales, als auch ein dezentrales Warm- und Frischwasserabgabesystem möglich. Darüber hinaus wird ein bewährtes, einfach umsetzbares Lüftungskonzept vorgesehen. Die Ansaugung der Frischluft erfolgt über Fassade und Fenster. Der Luftabsaugung erfolgt über die Nassräumen mit einer Wärmerückgewinnung. Weitere Anforderungen der Minegie-ECO Standard werden berücksichtigt.

Fassade

Aufgrund des gegebenen städtischen Charakters des Gebäudes, wird dieses mit einem einheitlichen Kleid bezogen. Die einfache Formsprache, sowie die robuste Materialwahl leitet sich von der industriegeprägten Umgebung ab.
Die Aussenwände der Obergeschossen sind als hinterlüftete Fassade in Holzrahmenelementen mit Blechbekleidung geplant. Bodentiefe Holz-Aluminium Fenstern mit einer einheitlichen Grösse werden samt Sonnenschutzverkleidung zu vertikalen Bändern gefasst. Der Fassadenrhythmus wird durch die Breite der geschlossen Bänder bzw. einer Bündelung des Fensterpaars mit durchgezogenem Sonnenschutzverblendung gesteuert. Als Absturzsicherung wird ein Gitter mit Profilrahmenhalterung vorgesehen.

Im erhöhten Erdgeschoss wird den tragenden Stahlbetonaussenwänden ein robustes Kalksandstein -Sichtmauerwerkvorgemauert.





︎︎︎ Projects
︎︎︎ Home